Der Feind im Magen

Der Feind im Magen

Viele ältere Menschen sind vom Magenkeim „Helicobacter pylori“ betroffen, ohne es zu ahnen. Dabei zählt er zu den weltweit häufigsten bakteriellen Infektionen und kann sogar zu Magenkrebs führen. Welche Symptome sind typisch, welche Medikamente helfen bei einer Erkrankung?

Magen
Foto: cottonbro studio, Pexels

Haben Sie häufig auch Schmerzen im Oberbauch, aufsteigende Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall – wissen aber nicht, woher diese Beschwerden kommen? Nun, für diese Leiden könnte möglicherweise der Erreger „Helicobacter pylori“ verantwortlich sein, „ein spiralig gewundenes Bakterium mit geißelartigen Auswüchsen“, wie das Nachrichtenportal Welt online den kleinen Unruhestifter eloquent umschreibt. Gemeint ist ein Magenkeim, den die Medizinerwelt dank der Selbstversuche zweier australischer Forscher seit über 40 Jahren kennt und den Experten zufolge bereits die Hälfte aller Menschen mit diesem infiziert sind. Die Krux bei der Sache nur ist, dass dieser Bazillus in den meisten Fällen keine gesundheitlichen Probleme verursacht. Wenn er sich aber einmal in der Magenschleimhaut eingenistet hat, kann es zu einer chronischen Gastritis (Magenschleimhautentzündung) mit Sodbrennen oder im Notfall zu einem Magendurchbruch kommen. Die Zahlen dazu sind unmissverständlich: „Bei etwa 75 Prozent der Menschen, bei denen ein Magengeschwür, und bei circa 99 Prozent derer, bei denen ein Zwölffingerdarmgeschwür festgestellt worden ist, kann eine Infektion mit Helicobacter pylori nachgewiesen werden“, so Dr. Jens Müller-Ziehm, Facharzt für Gastroenterologie, Hannover.

Ältere Erwachsene betroffen

AltersgruppeHäufigkeit
Kinder3 Prozent
Erwachsene unter 30 Jahren19 bis 25 Prozent
Erwachsene über 30 Jahren35 bis 55 Prozent
Erwachsene über 65 Jahren69 bis 90 Prozent
Quelle: Onmeda

Trotz der Entdeckung dieses Magenkeimes Anfang der 80er-Jahre und die Erkenntnisse daraus bleiben noch viele Fragen offen. So ist bis heute noch nicht viel über das Bakterium bekannt, auch die Wirkmechanismen sind weitestgehend unklar. „Aber es wird angenommen, dass bei einer Infektion das Absinken des Säuregehalts im Magen die Abwehr unserer schützenden Magenschleimhaut schwächt. Gleichzeitig entstehen durch den Bakterienstoffwechsel Giftstoffe, die an das umliegende Gewebe abgegeben werden“, berichtet RTLNews. Heißt: Beides zusammen verursacht Entzündungsprozesse in der Schleimhaut, die entweder völlig symptomlos bleiben oder aber in einer chronischen Magenschleimhautentzündung enden – oder schlimmer: „Eine Infektion mit diesem Erreger führt zu einem etwa drei mal höheren Risiko, an Magenkrebs im unteren Magen zu erkranken“, so Prof. Dr. Michael Stahl, Direktor der Klinik für Internistische Onkologie und Hämatologie Kliniken Essen-Mitte. Und je älter ein Mensch ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Bakterium im Magen zu finden ist, ergänzt das Online-Gesundheitsportal Omneda.     

Wie wird Helicobacter pylori übertragen?

Dabei ist der Übertragungsweg umstritten und bisher noch nicht vollständig geklärt. Da „Helicobacter pylori“ ausschließlich beim Menschen und nicht bei anderen Säugetieren oder Spezies vorkommt, muss die Ansteckung von Mensch zu Mensch erfolgen. So gilt die Weitergabe des Bakteriums über indirekten Kontakt mit kontaminierten Personen oder Gegenständen, aber auch über Speichel als wahrscheinlich. Besonders auf einer Route scheint sich der kleine Übeltäter liebend gerne zu verbreiten. „Da sich Helicobacter pylori nur im menschlichen Magen aufhält, muss die Übertragung gastral-oral oder gastral-anal, also durch Speichel, Erbrochenes oder Kot erfolgen“, klärt im Fachjargon die Deutsche Apotheker Zeitung auf, die sich hierbei auf Studienergebnisse einer kalifornische Arbeitsgruppe beruft. Meist werden die Infektionen im Kindesalter durch engen Kontakt zur Mutter übertragen. Im Erwachsenenalter ist die Ansteckungsgefahr nur noch sehr gering. Die Experten vermuten, dass dies in Verbindung mit dem ausgeprägtem Immunsystem eines Erwachsenen stehen könnte.

Die Symptome bei einer Infektion

#Magen
Foto: silviarita/Pixabay

In den meisten Fällen treten brennende Bauchschmerzen auf, unter Umständen kann es auch zu Magendrücken und Völlegefühl kommen. Sodbrennen und Aufstoßen mit starkem Mundgeruch sind weitere Begleiterscheinungen, im schlimmsten Fall führt die Infektion zu Durchfall und Erbrechen. Merke daher: Wer über einen längeren Zeitraum Magenprobleme hat, sollte auf jeden Fall einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen. Diese können ohne größeren Aufwand einen sogenannten Harnstoff-Atemtest durchführen. Des Weiteren können auch Stuhl-, Speichel und Blutproben untersucht werden. Eine Magenspiegelung, bei der eine Gewebeuntersuchung (Biopsie) durchgeführt wird, verschafft in Summe für Klarheit.

Welche Therapien gibt es?

Bei einem positiven Befund greift für gewöhnlich eine Dreierkombination an Medikamenten: Ein Mittel wie zum Beispiel Pantoprazol gegen die Übersäuerung des Magens (Protonenpumpenhemmer, kurz PPI, welche die Sekretion von Magensäure hemmen) sowie zwei verschiedene Antibiotika (Clarithromycin und Amoxicillin, alternativ Metronidazol). Bei antibiotikaresistenten Helicobacter-Infektionen wird eine Ergänzung mit dem Mineral Bismut – auch Wismuth genannt – in Erwägung gezogen. Den Mediziner*innen zufolge ist es enorm wichtig, die verordneten Medikamente nach Vorschrift regelmäßig einzunehmen. In aller Regel sind hierfür sieben bis zehn Tage notwendig. Im Anschluss an die Behandlung sollte sicherheitshalber und ergänzend ein Harnstoff-Atemtest durchgeführt werden, da „Helicobacter pylori“ zunehmend Widerstandsfähigkeiten entwickelt.

Sei noch gesagt, dass auch äußere Faktoren die Ansteckung mit „Helicobacter pylori“ begünstigen können, im Einzelnen sind das: Stress, Alkoholkonsum, Rauchen und regelmäßiger Schmerzmittelkonsum wie beispielsweise mit Acetylsalicylsäure, kurz ASS, das fiebersenkend und entzündungshemmend wirkt. Da dieses rezeptfreie Arzneimittel auch die Blutgerinnung hemmt, wird es in niedriger Dosierung eingesetzt, um einem Herzinfarkt oder Schlaganfall vorzubeugen. Leider nur löst ASS vielfach Nebenwirkungen im Verdauungstrakt aus. „Häufig kommt es zu winzigen Blutungen in der Schleimhaut von Magen und Darm, teilweise auch zu einer Entzündung der Magenschleimhaut oder im Zwölffingerdarm“, informiert die Apotheken Umschau.

Fehlt noch das passende Fazit vom Facharzt Dr. Jens Müller-Ziehm: „Eine Infektion mit Helicobacter pylori kann ein Leben lang oder lange unbemerkt bleiben, da sich die Folgen wenn überhaupt oft erst nach einiger Zeit bemerkbar machen. Bei Menschen, die häufig unter Beschwerden des Magen-Darm-Trakts leiden, empfiehlt es sich, auf das Vorhandensein der Bakterien zu testen und dann bei einem Befall mit Helicobacter-pylori-Bakterien diese zu behandeln. So können die Beschwerden der Infektion häufig beseitigt und Spätfolgen effektiv verhindert werden.“

Persönliche Erfahrung

Hintergrund: Die Autorin (in Offenbach geboren) ist 48 Jahre alt und hatte sich in der Vergangenheit mit dem Erreger infiziert. Den positiven Befund durch einen Harnstoff-Atemtest erhielt sie nach einem Besuch bei einem Frankfurter Internisten. Davor hatte sie zwei Monate lang Magenprobleme mit Gewichtsverlust. Ihre Behandlung begann mit der bereits erwähnten Dreierkombination (Pantoprazol, Clarithromycin und Amoxicillin). Ohne Erfolg. Denn nach dem Ende der Behandlung wurde der Unruhestifter weiterhin in ihrem Magen nachgewiesen, was letztendlich zu der ärztlichen Empfehlung des Präparates „Pylera“ führte. Dieses enthält vier verschiedene Wirkstoffe: Citronensäure, Bismut-Kalium-Salz, Metronidazol und das unaussprechliche Tetracyclinhydrochlorid. Die beiden letzteren Mittel gehören zur Gruppe der sogenannten Antibiotika. Seitdem lebt sie beschwerdefrei. Wichtig in diesem Zusammenhang: Dieser Beitrag enthält allgemeine Hinweise und Empfehlungen. Er sollte nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Auch kann er einen Besuch bei einem Arzt oder einer Ärztin nicht ersetzen. (MP/2023)

Weiterführende Informationen:
RKI Gesunsheitsamonitoring
MVZ Institut für Mikroökologie
Internisten im Netz
Labor Augsburg
Klinikum Fürstenfeldbruck
Johns Hopkins Medicine
IMD Labor Berlin
Westpfalz Klinikum
Uniklinik Freiburg
Gatroenterologie am Isartor

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